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David Bowie:

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Ein ganz entscheidendes Merkmal bedeutender Rock- und Pop-Künstler liegt oftmals in ihrer Fähigkeit, ein starkes und einzigartiges Image bis zur absoluten Perfektion zu verfeinern. Dies kann langsam und stetig über Jahre hinweg geschehen und gleicht dabei im Normalfall einer Art natürlichem Reifeprozess. Als Musiker, Performer und Songwriter widersetzt sich David Bowie dieser Konvention völlig. In einem halsbrecherischen Tempo erfindet er sich und seine Kunst immer wieder von Neuem und setzt dabei alle Regeln der Logik außer Kraft. Unter völliger Missachtung musikalischer Stilistiken, Kontinuität und der sogenannten „künstlerischen Integrität“ kontrastiert er oftmals die abwegigsten Formen von Musik mit seiner von Ängsten geprägten „End Of A Century“-Grundthematik und bescherte damit der Musikwelt den wirklich ersten postmodernen Star. Nachdem er jeden seiner legendären Charaktere bis zum Äußersten ausgelebt hatte, zerstörte er, was diesen letztendlich einzigartig gemacht hatte. Und jedesmal tauchte er mit neuen, unglaublichen Ideen und Elementen wieder auf, um die Massen, die gerade erst die Vielschichtigkeit seiner letzten Inkarnation ergründet hatten, wieder aufs Neue zu verwirren und zu verführen.

Mit jeder neuerlichen Wendung seiner Karriere dokumentiert Bowie eine komplett neue Ästhetik, von seinen bescheidenen Folk-Anfängen über den Glitter und Glamour eines Ziggy Stardust bis hin zur Eleganz eines Thin White Dukes, erschuf er mehr als nur einen unsterblichen Mythos.

Am Anfang...

David Robert Jones wurde am 8. Januar 1947 in Brixton geboren. Im Alter von dreizehn Jahren schnappte er sich, inspiriert vom Jazz des Londoner West Ends, ein Saxophon und rief Ronnie Ross an, um bei ihm Unterricht zu nehmen. Durch die ersten Bands, mit denen er spielte – den Kon-Rads, The King Bees, den Mannish Boys und den Lower Third – bekam er einen ersten Einblick in die selbstherrliche Welt des Pop und der Modbewegung. 1966 nannte er sich David Bowie und ließ sich die Haare lang wachsen. Längst spukten Sehnsüchte und Träume von einem Leben als Star in seinem Kopf herum. Kenneth Pitt wurde sein Manager und Bowie startete seine Karriere mit einer Handvoll - zumeist in Vergessenheit geratener – Singles, aber einem Kopf voller Ideen. Es sollte bis 1969 dauern, bis ihm mit dem legendären „Space Oddity“ (Platz 5 in UK) erstmals der Sprung in die Charts gelingen sollte. Inmitten seiner künstlerischen Streifzüge in den späten Sechzigern experimentierte er mit verschiedenen Medien und Ausdrucksmöglichkeiten wie Film, Pantomime, tibetanischem Buddhismus, Schauspielerei und Liebe. Das Album, zuerst unter dem Titel „David Bowie“, dann unter „Man Of Words, Man Of Music“ veröffentlicht, ist eine Hommage an sämtliche Einflüsse der Londoner Kunstszene. Es zeigt ein frühes Songwritertalent, das noch einige der bedeutendsten Werke des Rock- und Pop-Genres hervorbringen würde. Aber es sollte noch Jahre dauern, bis der Rest der dafür bereit wäre.

Die frühen Siebziger

Bowies erstes Album „The Man Who Sold The World” wurde als eine in sich geschlossene Einheit aufgenommen. Mick Ronsons Gitarrenarbeit auf diesem Album wird oft als „Geburtsstunde des Heavy Metal“ bezeichnet und mit Sicherheit können die ersten, vielversprechende Spuren der bevorstehenden Glam-Rock-Ära hier nachgewiesen werden. Das Album wurde im April 1971 von Mercury mit minimalem Aufwand veröffentlicht und Bowie unternahm im April des Jahres seine erste Reise in die Vereinigten Staaten, um das Album dort zu promoten. Im Mai wurde David und seiner damaligen Frau Angela ein Sohn geboren: Duncan Zowie Haywood Bowie. RCA war das nächste Label, das Bowie signte. Sofort nach Vertragsunterzeichnung in den USA kehrte er nach London zurück, wo er die nächsten beiden Alben quasi hintereinander weg aufnahm. „Hunky Dory“ basierte auf dem Sechs-Song-Demo, das zum Deal mit RCA geführt hatte. Unter anderem enthielt es die Stücke „Changes“ und „Life On Mars“. Kurz darauf folgte das Album „The Rise and Fall of Ziggy Stardust And The Spiders from Mars”, das sofort zum Klassiker wurde.

1972 war wohl das Jahr, in dem Bowie erstmals eine Vorahnung von der Macht der Popmusik bekommen sollte. Im Frühjahr brachte Davids Rock’n’Roll-Geschöpf Ziggy Stardust eine der spektakulärsten und innovativsten Liveshows, die die Welt bis dahin gesehen hatte, bei einer Preview in London erstmals auf die Bühne. Die Begeisterung, die diese Performance auslöste, sollte seinen Mythos als Superstar begründen. Im Sommer 1972 war er viel im Studio beschäftigt: Er produzierte Alben für Lou Reed (“Transformer”) und Mott the Hoople (“All The Young Dudes”, für das er auch den Titelsong schrieb). Die Ziggy-Tour in den USA begann im September. Mit ausverkauften Auftritten, japanischen Kostümen, Mick Ronsons harten Gitarrensounds und einer gewagten Art der Perfomance, die das Publikum in schiere Hysterie versetzte.

Am 3. Juni 1973 bettete Bowie mit der nüchternen Ankündigung: „Von allen Shows auf dieser Tour wird diese am längsten in unserer Erinnerung bleiben – nicht nur, weil es die letzte Show der Tour ist, sondern weil es die letzte ist, die wir je spielen werden“ seine Kultkreation unvermittelt zur Ruhe. Das überraschte alle in der Halle – nicht zuletzt die Mitglieder seiner Band.

Mitten im Ziggy-Fieber erschien „Alladin Sane“ (April 1973), inspiriert von den Erfahrungen seiner US-Tour. Nachdem er die Stardust-Show ad acta gelegt hatte, reiste er nach Frankreich, um die Arbeit an seinem nächsten Album zu beginnen. „Pin-Ups“ würde das letzte Bowie-Album mit Mick Ronson an der Gitarre und Ken Scott als Produzent sein. Das Album war Davids Ehrerweisung an diejenigen Künstler, die er während seiner Jahre in London 1964 bis 1967 bewundert hatte und kam im Oktober 1973 auf den Markt. Im April 1974 erschien das Proto-Bladerunner-Projekt “Diamond Dogs”. Geprägt von Gefühlen der Angst und Anspannung stand Bowies Musik plötzlich im harten Kontrast zum Discosound, der sich anschickte, die Radioprogramme weltweit zu dominieren. Im Sommer 1974 unternahm er seine bis dahin größte US-Tour, mit einem gewaltigen Set-Up und lebenden, choreographierten Bildern. Das Doppelalbum „David Live“ wurde im Tower Theatre von Philadelphia aufgenommen und kann als Dokument für die gesamte Tour gelten.

Die Mittsiebziger

Seine beiden vorangegangenen Alben deuteten auf Bowies Interesse an jener Musik hin, die er in den USA gehört hatte. Das direkte Ergebnis dieser Faszination war das rhythmische, Soul-beeinflußte „Young Americans“, das 1975 veröffentlicht wurde. Eine Zusammenarbeit mit John Lennon mit dem Titel „Fame“ entstand während einer spontanen Session im „Electric Ladyland“ in New York und wurde erst in letzter Sekunde auf das Album gepackt. Das Stück wurde letzten Endes Bowies erster Nummer-Eins-Hit in den Vereinigten Staaten. Nicht lange nachdem das Album erschienen war, zog er nach Los Angeles und spielte in dem Science-Fiction-Film „The Man Who Fell To Earth“ die Hauptrolle. Nachdem die Dreharbeiten abgeschlossen waren, begab er sich sofort ins Studio, um „Station To Station“ aufzunehmen, eine Art Reisebericht. Es folgte die „White Light“-Tour, diesmal mit einem elektronisch unterstützten Line-Up, dargebracht mit Brecht-inspirierter Theatralik. Eine Zusammenstellung seiner Hits mit dem Titel „ChangesOneBowie“ wurde von RCA im Mai 1976 veröffentlicht. Dafür bekannt, nie für lange Zeit an einem Ort der Welt leben zu können, zog David kurz nach Beendigung der Konzertreise nach Berlin-Schöneberg um.

Die späten Siebziger

Die LPs “Low” und “Heroes” entstanden während Bowies Aufenthalt in Deutschland, wo er zusammen mit Brian Eno und Tony Visconti eine völlig neue Herangehensweise an den Prozess des Songwritings praktizierte. In einem Interview mit einem französischen Radiosender sagte Bowie: „Berlin hat die seltsame Fähigkeit, Dich nur die wichtigen Dinge schreiben zu lassen. Alles andere wird einfach nicht erwähnt... und am Ende kommt so etwas wie ‚Low‘ dabei heraus.“ Die Aufnahmen standen ganz im Geiste des Surrealismus und waren geprägt von großer Experimentierfreude. Durch die Integration von Cut-And-Paste-Techniken und die einzigartige Instrumentierung gelangen dem Trio Sounds, die heute als wegweisendes Ambient-Klangwelten gefeiert werden. 1977 veröffentlicht, verwirrte „Low“ RCA - und obwohl das Publikum sich zunächst nicht wirklich sicher war, was es von den musikalischen Errungenschaften zu halten hatte, erreichte die Single „Sound And Vision“ Platz zwei der britischen Charts. Davids Freund Iggy Pop wohnte etwa zur gleichen Zeit in Berlin und Bowie nahm sich während seiner eigenen Produktion die Zeit, gemeinsam mit ihm die Alben „The Idiot“ und „Lust For Life“ aufzunehmen. Er überwand auch seine berühmt-berüchtigte Flugangst, um Iggy als Keyboarder auf dessen Sommer-Tour zu begleiten. Das zweite in dieser Drei-Alben-Trilogie, „Heroes“, entstand in aufsehenerregender Zusammenarbeit mit Gitarrist Robert Fripp und strahlt eine weitaus größeren Optimismus als sein Vorgänger aus. Eine seine großartigsten Singles, das Titelstück des Albums, erzählt die romantische Geschichte zweier Liebenden im Schatten der Berliner Mauer. Sein nächstes Filmprojekt „Just A Gigolo“ bezeichnete er als „alle 32 Elvis-Presley-Filme in einem“. Im März 1978 begab er sich wieder auf Tour und während einer Pause im Mai beteiligte er sich an den Aufnahmen zu „Peter und der Wolf“ mit dem Philadelphia Orchestra - eines von zahlreichen Kinderprojekten, die er in den kommenden Jahren immer wieder unterstützen sollte (das Resultat war ein mittlerweile vergriffenes Sammlerstück in grünem Vinyl). „Stage“ wurde im September 1978 veröffentlicht und enthielt sowohl Material seiner jüngsten US-Tour als auch Live-Material seiner Berlin-Phase.

Nun siedelte Bowie in Schweiz über, die er allerdings des öfteren hinter sich ließ, um seiner neuentdeckten Liebe zu exotischen Regionen wie Indonesien, Afrika und dem Fernen Osten nachzukommen. Aufgenommen in Frankreich, wurde „Lodger“ im Mai 1979 veröffentlicht, und am Ende des Jahres war Bowie bereits wieder im Studio. Die Proben für sein Broadway-Debüt begannen - er hatte den Part des „Elefantenmenschen“ übernommen. Beim Start im September 1980 wurde er mit euphorischen Kritiken überschüttet.

Die Achtziger

Im gleichen Monat wurde auch das Album „Scary Monsters“, das u.a. den UK-Nummer-Eins-Hit „Ashes To Ashes“ enthielt, veröffentlicht. Nach dieser Periode verschwand er für’s erste aus den Augen der Öffentlichkeit und konzentrierte sich auf seine Mitarbeit an diversen Filmprojekten. 1982 spielte er die männliche Hauptrolle in „The Hunger“ („Begierde“), übernahm die Rolle des Cellier in „Merry Christmas, Mr. Lawrence“ und schrieb den Titelsong für den Film „Cat People“ („Katzenmenschen“). Im November 1981 dann die nächste Nummer Eins in England: Zusammen mit Queen gelang David der Welthit „Under Pressure“. Ein weiteres Best-Of-Album mit dem Titel „ChangesTwoBowie“ kam 1982 heraus. 1983 wechselte er zu EMI. Es folgte das Album „Let’s Dance“ und die erfolgreiche „Serious Moonlight“-Welttournee. Im Oktober des Jahres veröffentlichte RCA „Ziggy Stardust: The Motion Picture Album“, das die Energie der letzten Ziggy-Show einfing. Kurz darauf kam der gleichnamige Film, der 1973 gedreht worden war, in die Kinos. In dieser Periode erfand sich Bowie einmal mehr komplett neu. Das Album „Let’s Dance“, produziert vom Chic-Mastermind Nile Rodgers, ist möglicherweise das geradlinigste seiner Karriere. Es war eine Sammlung von elegant produzierten, unwiderstehlich interpretierten Pop-Nummern, wie z.B. dem Motown-esken „Modern Love“, dem gleichsam finster und doch romantischen „China Girl“ (erstmals mit Iggy Pop in Berlin eingespielt) und einem Remake des Filmthemas aus „Cat People“. Alle genannten Tracks waren massive Radiohits, so wie auch der glamouröse Titelsong. Das optimistisch-romantische Grundthema fand seine Fortsetzung auf seinem nächstes Album „Tonight“ (1984), obwohl es sich z.B. bei der Single „Loving The Alien“ um eine prophetische Beschreibung der steigenden Spannungen zwischen Islamisten und Christen handelte. Ein bewegender Auftritt beim „Live Aid Konzert“ (wo er „Heroes“ seinem Sohn widmete), eine UK-Nummer-Eins-Single im Duett mit Mick Jagger („Dancing In The Streets“), das Album “Never Let Me Down“ und die folgende „Glass Spider Tour“ (mit Peter Frampton an der Leadgitarre) hielten Bowies Popularität und Massenakzeptanz bis in die Achtziger aufrecht.

Trotzdem hatte sein kreativer Drang etwas nachgelassen. 1988 dann die größte Überraschung von allen: David Bowie hatte zusammen mit den Sales-Brüdern (Hunt und Tony, Söhne von Soupy) und einem der heißesten Gitarristen Bostons, Reeves Gabrels, eine neue Band gegründet: Tin Machine. Von der ersten Sekunde an war David wichtig herauszustellen, dass Tin Machine eine reale Full-Time-Band sei - und nicht etwa das Solo-Projekt eines Superstars. Auf ihren beiden Alben (plus einer limitierten Live-CD), die sich insgesamt über zwei Millionen mal verkauften, erbrachten sie ihre Daseinsberechtigung als ein moderner Alternative-Live-Act, mit einem reduzierten Gitarrensound, komplett neuem Repertoire und ein paar wirklichen Überraschungen (u.a. einer Pixies-Coverversion!). Einige Fans liebten es, einige waren verwirrt und 1992 wurde Tin Machine in den einstweiligen Ruhestand versetzt. In der Zwischenzeit unterstützte Bowie 1989 die Veröffentlichung der „Sound And Vision“-CD-Box beim Label Rykodisc mit einer kompletten „Greatest Hits Tour“, für die er seinen langjährigen Partner Adrian Belew als Leadgitarristen verpflichtete. Bei vielen der Konzerte erhielten seine Fans die Gelegenheit, die Songs des Konzerts per Telefon zu bestimmen.

Die Neunziger

1993 wendete sich Bowie wieder seinen heißersehnten Soloprojekten zu: Neben dem Album „Black Tie White Noise“ erschien auch eine der ersten Musik-CD-ROMs mit dem Titel „Jump“. Einmal mehr mit Nile Rodgers als Produzenten gelang es, auf dem Album nahezu alle Epochen Bowies auf einem Album zusammenzuführen: Der Opener, ein Instrumentalstück mit dem Titel „The Wedding“ (inspiriert durch Bowies eigene Vermählung mit dem Model Iman) variierte den Sound von „Low“ in einem Dance/House-inspirierten, weit freundlicheren Kontext; die Single „Jump“ erinnerte an die funky Momente in Bowies Vergangenheit; der Cream-Klassiker „I Feel Free“ bedeutete die langerwartete Reunion mit seinem Partner aus der Ziggy-Ära, Mick Ronson (der tragischerweise kurz darauf verstarb). Der erste Platz in den UK-Album-Charts war ihm mit „Black Tie White Noise“ sicher und seine Fans sahen sich bestätigt, dass die kreative Neugier des Meisters noch lange nicht erloschen war. 1994 arbeitete Bowie wieder mit Eno im Studio. Das Ergebnis war das Konzeptalbum „Outside“. Das komplexe Projekt beschäftigt sich mit der Obsession des menschlichen Körpers als Kunstobjekt und der zunehmenden Heidnisierung der westlichen Gesellschaft.

Mit dem bewusst „kaputten“ Stil in Artwork und Verpackung, seinem düsteren Sound und den nicht-linearen Handlungssträngen, die die Themen Kunst, Mord und Technik behandelten, nahm „Outside“ eine neue Ästhetik, wie sie später in Filmen wie „Seven“, „Copycat“ und TV-Serien wie „X-Files“ und „Millenium“ verwendet wurden, vorweg. Der vielschichtigen Natur der „Outsider“-Kunst und -Kultur angemessen, sang Bowie mit einer Vielzahl unterschiedlicher Stimmen: Einmal der melodramatische Crooner, dann der stilisierte Londoner, dann wieder der stille, vertrauliche Einsiedler seiner Berlin-Phase. Dann springt er wieder zwischen den sieben Charakteren des Albums hin und her: Bei einem Song ein vierzehnjähriges Mädchen, ein schmieriger 78jähriger oder ein 46jähriger herrschsüchtiger Futurist. Erst jetzt, nachdem er seine eigene Lebensmitte erreicht hatte, war Bowie in der Lage, Musik zu machen, die die Perspektive der Jugend, des mittleren Alters und den Alters umfasste.

1996 war ein außerordentlich aktives Jahr, selbst mit Davids Maßstäben gemessen: Er wechselte scheinbar mühelos zwischen Stilen und Stimmungen, begab sich zusammen mit den Nine Inch Nails auf eine US-Tour und absolvierte beim „Bridge Benefit Concert“ in San Francisco einen Akustik-Gig zusammen mit Neil Young und Pearl Jam. Es folgte ein erfolgreicher Sommer als Headliner sowohl des Roskilde- als auch des Phoenix-Festivals, und seine elektrisierende Performance bei den „VH-1 Fashion Awards“ am 25. Oktober, wo er seine neue Single „Little Wonder“ vorstellte, war New Yorker Stadtgespräch.

Dann kam das neue Album „Earthling“ - ein sehr direktes, hartes „auf die zwölf“-Album. Die Band, die an dem Projekt mitarbeitete, umfasste u.a. Gail Ann Dorsey an Bass und Gesang, Mike Garson an den Keyboards, Reeves Gabrels an Gitarre und Synthesizern und Zachary Alford am Schlagzeug. Das war der Kern der Tourband. Die Platte enthielt u.a. den avantgardistischen Drum’n’Bass-Top-20-UK-Hit „Little Wonder“ und das schmetternde „Dead Man Walking“, eine Reflektion über das Älterwerden.

Im folgenden Jahr 1997 erschien die kontroverse Kollaboration mit Eno mit dem Titel „I’m Afraid Of Americans“ als Single (Bowies Kommentar: "Not as hostile about Americans as 'Born In The USA.'“).

Das Stück wurde begleitet von einem spontanen Dom&Nic-Video (Dominic Hawley und Nick Goffey, die u.a. Clips für Supergrass, die Chemical Brothers und Oasis inszeniert hatten), das Nine-Inch-Nails-Chef Trent Reznor zeigte, wie er Bowie durch die Straßen Greenich Villages jagt. Die Single hielt sich unglaubliche drei Monate in den US-Charts. Trotz des Titels schien Bowie Einfluss in Amerika ständig zu wachsen. Von Bands wie den Smashing Pumpkins, Marilyn Manson und den Nine Inch Nails wurde er als wegweisendes und leuchtendes Vorbild genannt. Nun fasste er auch im amerikanischen Film Fuß: Im Film „Basquiat“, bei dem u.a. Gary Oldman, Christopher Walken und Dennis Hopper mitwirkten, verkörperte er die Figur, die er bereits 1972 in einem Song unsterblich gemacht hatte – Andy Warhol. Der Regisseur des Films war der überragende amerikanische Maler Julian Schnabel. Stets gewillt, Neuland zu betreten, veröffentlichte er seine Drum’n’Bass-Single „Telling Lies“ ausschließlich via Internet. Im Januar 1997 feierte er seinen fünfzigsten Geburtstag mit einer All-Star-Performance im New Yorker “Madison Square Garden”. Auf der Bühne begleiteten ihn alte Freunde wie Lou Reed, Sonic Youth, Robert Smith, Billy Corgan, Foo Fighters und Frank Black. Dann begab er wieder auf Welttournee, in deren Verlauf er als Headliner bei über fünfzehn Festivals sowie unzähligen Hallen und Clubs auftrat, und die mit einer Stadiontour in Südamerika endete. Der in der Welt der Kunst und der Musik bereits hoch angesehene Bowie nahm nun Kurs auf den Informations-Superhighway. 1988 wurde Bowienet (www.davidbowie.com) gelauncht, der erste Internet-Provider, der von einem Künstler selbst ins Leben gerufen wurde. Als einer der ersten Musiker, der eine Single exklusiv über das Internet erhältlich gemacht hatte, blieb David mit dieser Maßnahme künstlerisch wie auch technologisch weiter an vorderster Front. BowieNet bietet unzensierten Zugang zum Internet, inklusive Nachrichten, Sport, Finanzen und beste Musik- und Entertainment-Berichterstattung. Für Bowie- und Musikfans im allgemeinen, offeriert BowieNet bislang unveröffentlichtes Material, Videos, Photos und Konzert-Reviews aus allen musikalischen Genres. Und als wäre das nicht genug, gibt es bei BowieNet Real-Time-Chats und Cybercasts von David höchstpersönlich, sowie einer ganzen Reihe anderer Stars. Bislang wurden BowieNet-Chats u.a. mit Künstlern wie Ronan Keating, Ronnie Spector, Eddie Izzard, Placebo, Boy George durchgeführt.

1999 war wie immer ein geschäftiges Jahr. Neben seiner Arbeit mit der hochgelobten BowieNet-Website (1999 nominiert für den WIRED Award als beste Entertainment Site des Jahres) fand Bowie Zeit an dem Film “Exhuming Mr. Rice” zu arbeiten, in dem er die Hauptrolle spielte. Im gleichen Jahr wurde auch das „David Bowie Radio Network“ auf der Rolling-Stones-Radio-Website gelauncht. Der Sender ist 24 Stunden am Tag auf Sendung, sieben Tage die Woche. Die Playlist der Station umfasst 54 Stücke, die allesamt von David ausgesucht und anmoderiert werden. Im Mai 1999 wurde David die Ehrendoktorwürde in Musik vom „Berkley College of Music“ (Boston) verliehen. Zu den bisherigen Titelträgern gehören u.a. BB King, Sting, James Taylor, Dizzy Gillespie und Quincy Jones.

1999 trug die Beziehung zwischen David und der britischen Band Placebo erste Früchte. Bei der jährlichen „BRIT Awards Show“ gesellte sich David zur Band auf die Bühne, um gemeinsam den Marc-Bolan-Klassiker "Twentieth Century Boy" zu performen. Der Auftritt kam bei der Öffentlichkeit dermaßen gut an, das die Zeitung „Mirror“ eine Mini-Kampagne mit dem Ziel startete, dass das Stück als Single erscheinen sollte. Im Juli wurde David von den Lesern der Zeitung „The Sun“ zum größten Musikstar des 20. Jahrhunderts gewählt, er verwies dabei Mick Jagger und Noel Gallagher auf die Plätze. Im selben Monat wurde er vom „Q Magazin“ und seinen Lesern als sechsgrößter Star des Jahrhunderts gekürt.

Aber am Allerwichtigsten: Im Oktober erschien sein brandneues Studioalbum „hours...“, Davids 23. Soloalbum war eine Rückkehr zum Sound von „Hunky Dory“. In alleiniger Zusammenarbeit mit seinem langjährigen Partner Reeves Gabrels geschrieben, könnte man „hours...“ als eine der autobiographischsten Platten in Davids Karriere beschreiben. Es enthielt Stücke wie "Thursday's Child", "Survive" and "The Dreamers”. Die Themen Verlust und Reue dominieren den Longplayer und berührten die Herzen überall auf der Welt. Mit Texten wie „Sometimes I Cry my heart to sleep“ ruft David Gefühle in uns hervor, die uns allen bestens vertraut sind. Dieses Album handelt viel mehr vom richtigen Leben als von Wunschvorstellungen und Phantasie.

2000 und darüber hinaus

Es folgte eine Phase, in der sich David aus der Öffentlichkeit zurückzog, ab und zu unterbrochen von der einen oder anderen Show sowie der Ehre, vom britischen Geschmackshüter Nummer Eins, dem NME, zum „einflussreichsten Künstler aller Zeiten“ gewählt zu werden. Während dieser Zeit trug sich ein weiteres lebensveränderndes Ereignis zu: Die Geburt des ersten Kindes von David und Iman, Alexandria Zahra Jones. Bowie nahm sich Zeit, um seiner Rolle als Vater gerecht zu werden und nutzte die Zeit, um ein paar neue Songs zu schreiben...

Diese „paar Songs“ führten zur vielbeachteten Reunion mit Tony Visconti und daraufhin zur Entstehung des neuen Album „Heathen“. Eine veränderte Sichtweise gegenüber der Musikindustrie resultierte in der Gründung des eigenen Labels „ISO Records“, dessen Produktionen nun in Kooperation mit Sony/Columbia veröffentlicht werden. „Heathen“ ist vermutlich das mit der größten Spannung erwartete Album seiner Karriere. „Tony und ich wollten eigentlich schon seit ein paar Jahren wieder zusammen arbeiten“, erinnert sich David. „Doch wir hatten beide recht langfristige Verpflichtungen und lange Zeit ergab sich einfach nicht die Gelegenheit, dass wir irgend etwas zusammen machen konnten. Im vergangenen Frühling entspannte sich die Lage. Ich sagte Mark Plati und meiner Band, das ich für eine Weile verschwinden würde und arbeitete an diesen Sachen zusammen mit Tony. Sie hatten großes Verständnis, sie hatten lange genug mit mir gearbeitet, dass ihnen klar war, dass wir schon sehr bald wieder zusammen sein würden.“

Als nun die Terminkalender freigeräumt waren, suchten Bowie und Visconti nach einem geeigneten Platz für die Aufnahmen. „Der Gitarrist David Torn erzählte mir von einem neuen Studio, das kurz vor der Fertigstellung sei, mit dem Namen ‚Allaire‘. Tony und ich fuhren ein paar Wochen bevor wir mit der Arbeit beginnen wollten hin, um die Sache mal auszukundschaften. Tatsächlich arbeitete gerade T-Bone Burnett zusammen mit Natalie Merchant dort. Es war abgelegen, ruhig und inspirierend. Wir konnten nicht glauben, was für eine Entdeckung das war.“ Derart beeindruckt von der Umgebung, kam David nicht nach New York zurück, bis das Album fertig gestellt war, lebte mit seiner Familie auf dem Gelände und aß im Gemeinschafts-Speisesaal. Berühmt als Frühaufsteher, nutzte er diese Tugend, als es an die Produktion zu „Heathen“ ging. „Ich stand morgens um sechs auf und verbrachte den ganzen Morgen im Studio, um meine Akkordfolgen, Melodien und Texte auszuprobieren, und um die Sounds zu finden, die ich verwenden wollte. Gegen zehn kam dann Tony rein und die Arbeit konnte losgehen.“

Bowies alter Freund Pete Townshends Beitrag zu dem Album ist die Leadgitarre auf dem Stück „Slow Burn“ – nicht die erste Zusammenarbeit der beiden, wie sich Kenner des Albums “Scary Monsters (And Super Creeps)” bestens erinnern. Dave Grohl (Foo Fighters) übernahm die Leadgitarre beim Neil-Young-Cover „I’ve Been Waiting“.

Als weitere Überraschung spielte Bowie mehr Instrumente auf „Heathen“ als jemals zuvor. „Ich war sehr erfreut, dass vieles von dem, was ich eingespielt hatte, auf der fertigen Platte zu hören ist. Ich spiele z.B. Schlagzeug über meinen eigenen Loop auf der Pixies-Coverversion ‚Cactus‘. Das einzige Instrument, das ich nicht gespielt habe, war Bass. Das hat Tony übernommen. Fast die ganzen Synthesizerparts sind von mir und auch einige der Klaviersachen.“ Und der Titel? „Heidentum ist eine Sache des Geisteszustands“, erklärt Bowie. „Man kann das so auffassen, dass ich mich auf jemanden beziehe, der seine eigene Welt nicht sieht. Er hat keine mentale Erleuchtung. Er zerstört unabsichtlich. Er kann Gottes Anwesenheit in seinem Leben nicht fühlen. Er ist ein Mensch des 21. Jahrhunderts. Es gibt kein Thema oder Konzept hinter ‚Heathen‘, nur ein paar Songs, aber irgendwie gibt es einen roten Faden, der mindestens so stark ist wie bei meinen monothematischen Alben.“

Die Veröffentlichung von „Heathen“ wird von einer Reihe Konzerte in Europa (u.a. am 12. Juli im Kölner E-Werk) und den USA begleitet, großes Interesse erregt derzeit Davids Engagement als Kurator des zweiwöchigen renommierten „Meltdown“-Kunstfestivals in England, bei dem so unterschiedliche Künstler wie The Legendary Stardust Cowboy, Suede, der Komödiant Harry Hill, Coldplay, Television und The Dandy Warhols auftreten.

“Heathen” wird in der zweiten Juniwoche veröffentlicht (am 10.6. in Deutschland als „limited Edition“ im Digipack mit 4-Track-Bonus-CD, inkl. Remixe von Moby und Air) und bedeutet für David eine weitere neue Phase in seiner Karriere, die auch nach fast vierzig Jahren mit diversen Abenteuern in Musik, Theater und Film nichts an Dynamik eingebüßt hat. Doch zuletzt überlassen wir das Wort dem Meister selbst: „Es ist für mich sehr aufschlussreich, dass ich an einem Punkt angekommen bin, wo ich mit meinem Text- und Songwriting im Reinen bin. Das ist für mich eine völlig neue Erfahrung. Ich denke, ich werde in den kommenden Jahren einige der wertvollsten Sachen erschaffen, die ich je geschrieben habe. Ich habe im Augenblick sehr großes Vertrauen in meine Fähigkeiten und bin sehr zuversichtlich.“